Der Alltag – besser als sein Ruf

Der Alltag hat angeklopft. Er hat die schlechte Angewohnheit, einfach einzutreten. Er wartet nicht, bis wir ihn hineinbitten. Und er weiss auch warum. Ich auf jeden Fall würde ihn draussen warten lassen, bis… ja bis wann eigentlich? Wohl doch besser, wenn er nicht darauf wartet, willkommen geheissen zu werden. 

Denn die gewohnten Abläufe, regelmässig arbeiten, essen und schlafen tut uns gut. Aber wenn mein Smartphone morgens die gewohnte Melodie abspielt, kann ich einfach nichts Gutes daran finden.

Draussen dämmert es. Der kahle Nussbaum hat Raureif an seinen Ästen, dahinter verliert sich die Landschaft im dichten Nebel. Die Wolkendecke hat sich niedergelassen und macht gar nicht den Anschein, als würde sie bald wieder gehen wollen. Tapfer geben die Strassenlaternen einen jämmerlichen, orangenen Schein von sich. Der Thermometer zeigt Minusgrade. Ich meine die Kälte durch die Fensterscheiben hindurch zu spüren. Melancholie erfasst mein Herz. 

Und jetzt muss ich auch noch die Jungmannschaft aus dem Schlaf reisen. Ich mache mich auf und fange bei meinem Ältesten an. Seine Reaktion gleicht der meinen vor einer halben Stunde. Während er und seine Brüder mir das Aufstehen erleichtern, muss für ihn die eine Turnstunde am Montagmorgen als Motivation ausreichen. 

Zurück in der Küche hat die vergessene Milch die Pfanne bereits verlassen und kocht auf der Herdplatte weiter. Die Kinder verlassen das Haus zur selben Zeit wie das Läuten der Schulglocke und mein Jüngster beklagt sich bereits nach einer halben Stunde über Langeweile. Ein klarer Fall von Alltag.

Mittags, bei strahlendem Sonnenschein, hat sich meine Laune wesentlich gebessert. Als ich den Härdöpfugratin auf den Tisch stelle, tönts prompt: „Hani ned gärn!“ Ja, der Alltag ist ohne Zweifel zurückgekehrt. Und so schlimm ist er nun auch wieder nicht. 

Verfasst Januar 2020

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