Manchmal jogge ich. Naturschutzgebiet, See und Strandwege vor der Haustüre: Da bleiben selbst mir keine Ausreden mehr, es nicht zu tun. Nicht selten muss ich meinen inneren Schweinehund überwinden, um auf mein Laufpensum zu kommen.

Als Gewohnheitstier renne ich meist dieselbe Runde. Mein erklärtes Ziel ist also der Schiffssteg am See, dann marschiere ich den steilen Hang hinauf und trete den Rückweg an. Dumm ist nur, dass es auf dem Hinweg einen Abzweiger gibt, der mich des Öfteren zu einer Abkürzung verleiten möchte. Im Rhythmus meiner Füße überlege ich mir, sobald ich in die Nähe der Verzweigung komme: geradeaus, oder links? geradeaus oder links? Gibt es einen guten Grund, um frühzeitig abzuzweigen?
Öbedie habe ich die Abkürzung genommen, öfters habe ich mich zusammengerissen und bin weitergerannt.
Nach dem Winter und dem riesigen Schnee liegt die Schilflandschaft am Ufer entlang plattgedrückt da und gewährt nun den Blick in die Weite. Da habe ich eine Entdeckung gemacht. Der Steg, mein Ziel ist plötzlich näher gerückt! Sobald ich um die Ecke biege, vor mir den besagten Abzweiger, sehe ich geradeaus bereits mein Ziel! Da sehe ich bereits die Boote schaukeln, ich sehe die Bänkli dastehen und ich staune, dass der Weg bis dahin viel kürzer erscheint als damals, als das Schilf mir die Sicht auf das Ziel versperrte. Wie weggeblasen ist die Versuchung, frühzeitig abzubiegen oder zu trödeln. Der Abzweiger hat total seine Anziehung verloren. Also nichts wie weiter!
Während ich leichtfüßig und triumphierend an der Abkürzung vorbeijogge wandern meine Gedanken weiter zu unserem himmlischen Ziel. Das nächste grosse Ereignis für uns ist die Entrückung, in dem Jesus in den Wolken erscheint, und wir ihm entgegen gehen! Vorfreude überkommt mich! Wie toll wird das sein!
Aber manchmal versperrt mir das Schilf des Lebens die Sicht auf das Ziel. Der ganz normale Wahnsinn des Lebens. Sorgen, To-Do Listen und Beziehungsstress breiten sich aus. Mir droht, die Perspektive zu verlieren; Unversöhnlichkeit, falsche Prioritäten, Zweifel oder Angst nehmen mich ein.
Das Ziel scheint in die Ferne gerückt, und der Weg dahin unendlich lang und beschwerlich.
Wenn ich mich aber wieder mit Jesus, seinem Wort und der Zukunft bei ihm auseinandersetze, das Schilf etwas zur Seite drücke, merke ich staunend: Das Ziel ist viel näher, als ich dachte! Wenn ich freie Sicht kriege, rückt das Ziel in erreichbare Nähe.

Am besten gelingt mir das, wenn ich ganz nah an Jesu Herz rücke. In der Stille bei ihm, auf ihn höre, ihm mein Herz ausschütte. Da sehe ich ihn nicht nur, sondern ich fühle, ahne und begreife im Geiste, worauf es ankommt! Bei ihm zu sein, bereits jetzt.
Leichtfüßig und triumphierend kann ich vorwärts gehen. Mit erhobenem Haupt Jesus entgegen, im Wissen, dass er bald wiederkommen wird, ganz bald.