Wenn der Sturm sich legt

Ich sitze auf dem Steg und bin aufgewühlt. Meine Emotionen gleichen einer stürmischen See. Nicht so der See, der vor mir liegt. Windstill und glasklar. Vor mir hat es sich ein Taucherli – Blässhuhn heisst das Tierchen genau – gemütlich gemacht. Es steht auf einem Pfahl, der unter Wasser steht. Bei diesem glasklaren Wasser konnte es abstehen und Halt finden. 

Das wünsche ich mir auch. Ich wünsche mir klare Sicht. Meine Gedanken werden zum Gebet. Herr, ich möchte gerne einen klaren Blick haben. Ich möchte sehen, was dran ist. Wie ich mich entscheiden soll. Wie ich meine Zeit gut einteilen kann. Wie ich Prioritäten setzen soll und wie ich Zeit für mich und dich finden kann. Wie ich eine gute Mutter sein kann. Eine gute Freundin. 

So viele Dinge schwirren mir im Kopf und ich sitze einfach nur da.  Wenn ich mich vornüberbeuge und ins glasklare Wasser sehe, erblicke ich den Grund. Die feinen Strukturen von Sand und Steinen, Schilf und sogar eine Muschel.  Und wenn ich noch etwas länger hineinschaue, dann sehe ich mich. Im Spiegelbild.

Zugegeben, diese Perspektive ist nicht besonders vorteilhaft, aber mir wird klar: Der See spiegelt mich und ich darf den Blick wagen. In mein Inneres. In Gottes Gegenwart ist der beste Ort, hinzusehen. Mit ihm. Ich lasse ihm Raum, damit er mir begegnen kann. Und er hilft mir, mich zu sortieren, aufzuräumen, abzugeben. Loszulassen und einfach zu sein.

Ich finde keine Worte dafür, was geschieht. Er flüstert mir Antworten auf meine Fragen zu. Oft sind seine Antworten nicht Ja oder Nein. 

Noch nie hat er mir einen Masterplan für mein Leben in die Hand gedrückt, ja nicht mal einen Plan für die kommenden Tage. Noch nie hat er mir alle meine Entscheidungen abgenommen. Noch nie sind die Herausforderungen im Leben einfach verschwunden.

Aber ich habe das Bedrückende abgegeben, was ich mühsam mit mir rumschleppte. Und ich habe Kraft getankt. Liebe und Freude aufgefüllt. Und ganz wichtig: Zuversicht. 

Die Wellen in meinem Innern haben sich beruhigt. Und ich weiss, ich werde wiederkommen. 

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Aktuelle Beiträge

geistreich

Wenn Gott Mensch wird

Manchmal pflegen wir in der Weihnachtszeit Dinge zu sagen wie: «Gott wird Mensch.» oder wir singen: «Jesus wurde arm für uns.» Doch was bedeutet das?

weiterlesen »
geistreich

Herzstück oder Stück Herz

Kennst du den Spruch, der auf dem Essiggurkenglas prangt? «Nur die knackigsten schaffen’s ins Glas.» So ähnlich bin ich auch mit den Herzsteinen verfahren, die ich auf Wanderungen gefunden habe.

weiterlesen »
sage & schreibe

Advent, Advent, Eveline rennt

Warum kommt der Dezember immer so unangemeldet um die Ecke? Vielleicht wäre es hilfreich, wenn in den Läden die Weihnachtsdeko schon etwas früher hängen würde.

weiterlesen »
sage & schreibe

Peinliche Muda

Die Unihockey Saison der Jungs nimmt Fahrt auf. Das erinnert mich an ein aufschlussreiches Tischgespräch – vor ziemlich genau einem Jahr.

weiterlesen »

Ich freue mich, von dir zu lesen.