Aufräumen

Montagmorgen. Ich räume das Wohnzimmer auf. Gelinde gesagt. Ich frage mich, warum die Kinder einfach nicht begreifen wollen, dass Kind ein Spielzeug wieder einmal wegräumen muss, wenn es immer wieder Neues hervornehmen möchte. Ja die Kinder. Die sind in der Schule und ich erwarte in einer knappen Stunde die Frauen zum wöchentlichen Treffen. Es fehlt also nicht nur an Ordnung, sondern auch am pädagogischen Ansatz. 

Bereits höre ich im Geiste eine der Frauen sagen: «Muesch doch nöd ufruume wäg ois!» Wie bitte? Wohin wollt ihr euch dann setzen? Und wohin eure Füsse hinstellen? Und wie wollt ihr atmen? Nein. Hier geht es nicht darum, einen guten Eindruck zu hinterlassen. Um zu zeigen, dass ich den Haushalt im Griff hätte. Nein, hier geht es nur um das zwingend Notwendige. Sonst brächte ich die Haustüre gar nicht auf, wenn es klingelt. Wir waren das ganze Wochenende unterwegs und keiner hat auch nur in Erwägung gezogen, das Chaos zu beseitigen. 

Nicht, dass es uns an System mangelt. 
Jedes Ding hat – sprich hätte – seinen Platz. Darin bin ich Meister. Jedem Spielzeug seinen verdienten und logischen Platz zuzuordnen. Je eine Kiste für Dupplo, Briobahn, Plüschtiere und Autos. Einige Fächer für Bücher. Gesellschaftsspiele in den Schrank. Dann die ultimative Ramschkiste. Da kommt alles rein, dass man besitzt, ohne zu wissen wofür. Für sinnfreie Spiele, sozusagen. Zum Beispiel diese Dinger, die man im Restaurant der Burgers bekommt, welche die Kinder auf jeden Fall behalten wollen, aber damit nichts anzufangen wissen. Und den Ort, wo Fötzeli, gebrauchte Nastücher und Öpfelbütschgi entsorgt werden, kennen eigentlich auch alle Mitbewohner. 

Nun, das System wäre vorhanden, und zu wissen, wo die Sachen alle hingehören würden, beruhigt mich schon ungemein. Wahrscheinlich ist das der Grund, weshalb wir es manchmal so lange anstehen lassen.

Es gab tatsächlich eine Zeit, da habe ich nur aufgeräumt und geputzt, um zu demonstrieren, dass bei uns Ordnung und Sauberkeit herrscht. Um zu zeigen, dass es in einem Haushalt mit Kindern – mit Jungs, wohlverstanden – auch ordentlich zugehen kann. Unbedingt wollte ich verhindern, in dieses Muster von «habe Kinder, habe Unordnung» hineinzugeraten.

Zu arrogant hatte ich auf Familien heruntergeschaut, bei denen zu Hause das Chaos waltete. Spielzeug wäre noch die eine Sache, aber die Zahnpasta Spuren im Lavabo? Und die herumliegenden Kleider und Schuhe? Nein, geht ja gar nicht. 

So habe ich gedacht und bin in meiner Mami-Karriere eines Besseren belehrt worden. Doch, es geht, und manchmal geht es nur so. Es gibt Zeiten, da muss man sich aufs Wesentliche konzentrieren. Genug Schlaf zu bekommen, zum Beispiel. Nicht die Kinder ständig mit «habe Ordnung, räume auf» zu nerven. Einfach mal die Zeit als Familie geniessen. Pflicht- und zweckfreie Zeit. 

Beim Aufräumen komme ich oft ins Philosophieren. Ich stelle mir vor, wie es sein wird, wenn die Kinder ausgeflogen sind. Ob ich dann das Durcheinander sogar ein klein wenig vermissen werde? Und dass ich zugeben muss, dass auch einiges an Unordnung von mir stammt? 

Ich male mir aus, wie ich in weit entfernter Zeit in Erinnerungen an die Kinder schwelge und vermutlich die Unordnung und das Durcheinander nicht darin vorkommt.

Und so komme ich auch am heutigen Morgen zum Schluss, dass es im Leben ordentlich wichtigere Dinge gibt, als ständig Ordnung zu halten.

Verfasst Oktober 2020

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