Das musste jetzt sein!

Das Geschirr türmt sich noch von gestern. Nicht dass ihr jetzt denkt, dass sei bei uns üblich. Nichts finde ich ekliger als gestandenes, dreckiges Geschirr, und das noch gleich nach dem Aufstehen! Nein, das muss ich mir als Morgenmuffel ersparen. Zum Wohl der ganzen Familie.

Nun räume ich erst mal das saubere Geschirr aus der Maschine, dabei stolpere ich über eine Kiste mit diesen herzigen, orangenen Lampions, die mir gestern meine liebe Schwiegermutter vorbeigebracht hat. Stimmt, sie hat gesagt, man müsse sie trocknen. Also nichts wie los. Zum gestrigen Geschirr kommen also auch noch die Zmorgeschäleli und die Kaffeetasse hinzu. Der Geschirrspüler bleibt, halb ausgeräumt, offen stehen.

Hingebungsvoll widme ich mich diesen Lampions, Physalis nennen sich die. Ich hole Draht, Schnur, Jute, Schere. Die Ideen fließen, es entsteht ein Herz für das Wohnzimmerfenster, eine Rute für die Eingangstür und

einige Ranken fürs Sideboard. Dieses Möbelstück, das viel zu oft seine Bestimmung verliert und als Ablagefläche benutzt wird, muss natürlich erst leergeräumt werden. Zeitungen, Lego, Apfelbütschgi und Ramsch, von dem ich nicht mal wusste, dass wir es besitzen, müssen weg. Zum Glück schluckt der Wohnzimmertisch so einiges. Ah ja – da türmt sich ja die Wäsche.

Ich bastle, binde, montiere, richte, und verbessere; bis ich meinen Perfektionisten in mir zum Schweigen bringe und zufrieden mein Werk betrachte. Alle restlichen Utensilien werden beiseitegelegt –
wohin wohl?

Aber nun zurück in die Küche, wo war ich «stehengeblieben»? Beim Anblick, der sich mir bietet, atme ich tief durch und denke: «Das musste jetzt sein! Mensch, war das eine Wohltat!» Und der Morgen ist noch sehr jung, also ran an die Arbeit! Von wegen, erst die Arbeit, dann das Vergnügen! Wenn ich das Vergnügen immer auf nach die Arbeit verschiebe, komme ich nie dazu, ja nämlich!

Fragt mich jemand, wann ich mir die Zeit für solche Dinge nehme, antworte ich: «Während sich das Geschirr in der Küche und die Wäsche im Wohnzimmer türmt.» Dann ernte ich oft erstaunte, verständnislose und mitunter auch mitfühlende Blicke. Macht nichts, es hat gutgetan!

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