Eine untaugliche Geschichte

Was für ein schönes Nach-Ostern-Bild. Idyllisch, oder? Soll ich die Geschichte dazu erzählen? Denn sie ist alles andere als Blog- oder Instagramtauglich.

Vor einigen Wochen kauften wir – kurzentschlossen  – befruchtete Hühner Eier, um sie im Brutkasten auszubrüten. Sobald wir die Eier eingelegt hatten, nahm die Story in meinem Kopf bereits Gestalt an. Die Küken sollten nämlich kurz vor Ostern das Licht der Welt erblicken. Gedanken formten sich über Themen des Lebens, Wartens, Zweifelns und Hoffens.

Videos entstanden bereits im Hinblick auf ein schönes Reel. Wie wir wartend und beobachtend vor dem Brutkasten sassen. Wie wir die Kiste für die Bibeli mit Wärmelampe, Speis und Trank ausstatteten. Wie wir den Hühnerstall umbauten, damit die Bibeli zu den alten Hennen einziehen könnten. Ein schöner Beitrag wäre das geworden, passend zum Auferstehungsfest. 

Doch nach 21 Tagen blieb der Schlupf der Küken aus. Aus den zwölf Eiern schlüpften zwei Tage später zwei Küken mit deformierten Beinen. Eines davon schaffte es nur mit meiner Hilfe aus dem Ei – was man vermutlich nicht tun sollte. Aber was tut man sonst, wenn das Küken die Schale geöffnet hatte, lebt, piepst aber nicht rauskommt? Hätte ich es sterben lassen sollen? – Da wir Erfahrung mit sogenannten Spreizbeinen bei Küken hatten, bandagierten wir die beiden Zweibeiner. 

Aber wie weiter? Ob sich die Aufzucht mit zwei Küken lohnt? Schliesslich erhofften wir uns Hennen, die die Nachfolge unserer schon etwas älteren Gacker-Damen antreten würden. Also kauften wir weitere sechs Küken dazu. 

Und dann das. Eines unserer Küken, das eben Laufen gelernt hatte, geriet kurz darauf unsanft unter einen beschuhten Kinderfuss und wurde so schwer verletzt, dass das Tierchen erlöst werden musste. Soeben haben wir uns an den Zweien gefreut, dass sie sich so gut entwickelt hatten und munter rumstolzierten.

Obwohl wir uns sehr an den verbliebenen sieben Küken freuen, ist es gut, sich daran zu erinnern, dass das Leben selbst die Geschichten schreibt. Und diese sind nicht immer idyllisch, glänzend und spektakulär. Sie taugen nicht, um erzählt zu werden. Aber gerade deshalb wollte ich sie erzählen.  

Denn wir alle haben solche Geschichten. Welche sind den gut genug, um erzählt zu werden? Womit prahlen wir und welche Dinge verschweigen wir lieber? Wären nicht gerade die unschönen Geschichten es wert, erzählt zu werden? Würden nicht genau diese Geschichten dazu taugen, einander zu ermutigen und zu trösten? 

Sicher komme ich auf dieses Thema noch zu schreiben. 

Aber für heute gilt: Ein Hoch auf das echte Leben mit den Hochs und Tiefs, mit den Hochs in den Tiefs und den Hochs nach den Tiefs. 

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