Herzstück oder Stück Herz

Auf Familienwanderungen habe ich es mir schon länger zur Gewohnheit gemacht, nach Steinen Ausschau zu halten, die eine Herzform haben. Eine eindeutige, schöne Herzform. Ich war sehr wählerisch. Nur die schönsten haben es in meine Sammlung geschafft. Ich hatte viele Steine in der Hand, auch solche, die mir meine Kinder und mein Mann vorhielten, und ich habe sie verworfen. 
Gering geschätzt.

In letzter Zeit habe ich mich dabei ertappt, wie oft ich Dinge und sogar Menschen gering schätze. Aber meine Schätzung ihres Wertes liegt oft grausam daneben. Könnte es sein, dass meine innere Skala, die den Dingen oder den Menschen ihren Wert beimisst, fehlerhaft ist?

Einen Spaziergang bei Sonnenschein im Frühling bekommt einen hohen Wert. Im Sommer ist es schon wieder anders, da sind die kürzesten Distanzen in der Hitze mühsam. Regen schätze ich eher gering ein. Wer sagts denn? Ich schaue dem Regen zu und denke: Mist. Der Landwirt schaut dem Regen zu und denkt: Gott sei Dank!

Wie misslich erkenne ich, dass ich oft auch Menschen so einschätze. Ich mache mir ein Bild, gemessen an meinen eigenen Massstäben, und schätze diese Person ein. Ich führe eine innere Skala und die Menschen landen unbarmherzig an ihrem zugewiesenen Platz. 

Natürlich gibt es auch die Menschen, die ich hoch einschätze. Die landen dann eben oben. Vor denen habe ich Achtung, Respekt und deren Meinung ist ungeheuer wichtig für mich. Zu wichtig?

Warum tun wir das?

Könnte es sein, dass Gott eine andere – ja vielleicht gar keine – Skala hat? JEDER Mensch ist von Gott geliebt und deshalb über alle Massen wertgeschätzt. Er nimmt Jede und Jeden an, geht mit ihm den Weg und bleibt ihr treu.

Der Gedanke, dass ich auf die Idee gekommen bin, ich könnte den Menschen ihren Wert beimessen – auch wenn es nur versteckt in meinem Herzen passierte – beschämt mich.

Die Bibel sagt es so: «Der Mensch urteilt nach dem, was er sieht, doch der HERR sieht ins Herz.»

So hat sich mein Blick bei den Wanderungen verändert. Seitdem finde ich tonnenweise Herzen. 

Einige sind etwas deformiert, andere gebrochen. Oder sie liegen im Matsch und sind dreckig.  Wieder andere scheinen zertrümmert. Einige haben eine etwas eigenwillige Form. Bei einigen ist nur noch ein Stück von einem Herzen übrig. 

So gesehen finde ich in jeder Steinform ein Herzstück oder ein Stück Herz. Besonders wenn ich durch Geröllhalden marschiere. Dann gibt’s unzählige davon.

Ich will auch meine Mitmenschen so sehen. Sie sind wertgeschätzt, noch mehr, hingebungsvoll geliebt von meinem Gott. Ich will es ihm gleich tun. Da gibt’s noch viel Luft nach oben.

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